Freiheiten im Glauben – und ihre Grenzen

Wir dürfen selbst entscheiden

Es gibt Grundlegende Dinge, die Gott von uns will: Ihn lieben und ehren, unsere Mitmenschen lieben – damit ist eigentlich alles abgedeckt. Alles andere, z.B. die Gebote, die Worte Jesu, die Briefe des Paulus basieren auf diesen Prämissen.

Doch so einfach scheint es in der Welt (auch der Gläubigen) nicht zu sein. Im Römerbrief, Kapitel 14 schreibt Paulus zu einer Sachlage, die heute auch noch so ist. In unseren Gemeinden sind es vielleicht keine Speisevorschriften, aber es gibt andere Dinge, mit denen wir uns manchmal beschäftigen, über die wir reden und streiten und uns hin und wieder auch das Leben schwer machen.

Für manche Leute sind bestimmte Tage von besonderer Bedeutung. Für andere wieder sind alle Tage gleich. Jeder soll so leben, dass er mit voller Überzeugung dazu stehen kann. Wer nämlich bestimmte Tage als heilig achtet, der will damit Gott, den Herrn, ehren. Und wer alles ohne Unterschied isst, der ehrt Gott auch, denn im Gebet dankt er ihm für das Essen. Meidet aber jemand bestimmte Speisen, dann tut er es aus Liebe zu Gott, und auch er dankt Gott im Gebet und erweist ihm dadurch die Ehre.

Römer 14,5+6 (HfA)

Mir gehts zum Beispiel so, dass ich keine Sachen wie Teufelstoast mit Teufelssoße esse. Ich trinke auch keinen Diabolo-Wein. Ich hab ein schlechtes Gefühl dabei und lass eben. Mache stört es nicht, sowas zu essen bzw. zu trinken. Manche leben ihr Gebetsleben intensiv in Gebetsgemeinschaften, andere am liebsten alleine für sich. Die einen lesen täglich Stunden in der Bibel, die andere weniger. Die einen lassen sich gegen Corona impfen, die anderen nicht. Darf ein Christ am Sonntag sein Auto waschen? Wie geht man mit Ehescheidung und Wiederheirat in einer Gemeinde um? Sex vor der Ehe? Müssen christliche Frauen Kopftuch tragen und Röcke anziehen? Müssen Christen Umweltschützer sein? Der Zehnt vom Brutto oder vom Netto? Wie weit geht der Gehorsam gegenüber dem Staat? Darf ein Christ in eine Schwulenbar gehen oder Heavy Metal hören? Darf er Computer spielen oder Horrorfilme anschauen. Der eine wagt größere und der andere kleinere Glaubensschritte. Manche scheinen den Glauben oberflächlich zu leben, andere kennen sich intensiv in der Bibel aus. Der eine ist eher der Macher, der andere der Denker. Und so weiter.

Es sind nicht immer die harten Fakten, sondern oft Dinge, für die man nicht ganz klare Antworten in der Bibel findet oder die Auslegungssache sind. Oder Dinge, bei denen es nicht Schwarz-Weiß, sondern unterschiedliche Grautöne gibt. Bei denen man unterschiedliche Meinungen haben kann. Dinge, die auch das praktische, persönliche Glaubensleben betreffen. Paulus antwortet auf diese Fragen:

Wovon du persönlich überzeugt bist, das ist eine Sache zwischen dir und Gott. Glücklich schätzen kann sich, wer so handelt, wie es seiner Überzeugung entspricht, und sich nicht selbst verurteilen muss. Wer aber beim Essen zweifelt, ob es richtig ist, was er tut, der ist schon verurteilt. Denn er handelt nicht im Vertrauen auf Christus. Alles aber, was wir nicht in diesem Vertrauen tun, ist Sünde.

Römer 14,22+23 (HfA)

Er sagt: Entscheide selbst, was gut für dich ist. Womit dein Gewissen umgehen kann. Wo deine Grenzen sind. Und handle danach! Denn sonst ist es für dich eine Sünde. Das ist die Freiheit, die wir haben und gleichzeitig die Verantwortung, die mit dieser Freiheit kommt.

Gott sagt auch im 5. Buch Mose: Ich lege vor euch hin Segen und Fluch. Entscheidet selbst, was ihr tun wollt, aber müsst die Konsequenzen tragen. Auch im Garten Eden war es schon so: Es gab zwar das Verbot vom Baum der Erkenntnis und dem Baum des Lebens zu essen, aber Adam und Eva waren frei in der Entscheidung. Gott hat sie nicht aufgehalten, obwohl Er wusste, was passiert. Freie Entscheidungen bringen ihre Konsequenzen mit sich…

Wir leben mit dem Heiligen Geist, der uns führt und der uns in zweifelhaften Fragen leiten kann, wenn wir es zulassen. Weil wir Gott lieben, wollen wir Ihm auch gefallen und gehorsam sein. Deshalb können wir uns auch auf unser Gewissen verlassen, da wir in und nach Gottes Willen leben. Aber das ist nicht alles: „Jeder tue, wie er lustig ist“. Die Sünde wird uns immer beschäftigen, auch wenn wir durch Jesus ein neuer Mensch sind.

Es gibt noch zwei andere Aspekte, auf die Paulus in Römer 14 eingeht:

  • Verurteilen von anderen
  • Rücksicht nehmen

Nicht verurteilen

Niemand sollte deswegen auf die verächtlich herabschauen, die bestimmte Speisen meiden. Diese wiederum dürfen niemanden verurteilen, weil er alles isst. Denn Gott hat jeden Einzelnen von ihnen in seine Gemeinschaft aufgenommen. Du bist nicht der Herr des anderen. Mit welchem Recht willst du ihn also verurteilen? Ob er im Glauben standfest bleibt oder ob er fällt, ist eine Sache zwischen ihm und Gott, seinem Herrn. Und er wird im Glauben festbleiben, denn der Herr hält ihn. […] Mit welchem Recht verurteilst du also einen anderen Christen? Und warum schaust du auf ihn herab, nur weil er sich anders verhält? Wir werden alle einmal vor Gott stehen, und er wird über uns urteilen. […] Jeder von uns wird also für sich selbst Rechenschaft vor Gott ablegen müssen.

Römer 14,3-4,10+12 (HfA)

Wir sollten uns selber prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind, anstatt andere zu verurteilen. Wir sollen nicht richten oder verurteilen, nur weil jemand seinen Glauben auf andere Weise lebt, wie wir. Oder wie wir meinen, dass es richtig ist. Wir sind nicht Herr und Richter über unseren nächsten, denn Gott wird urteilen. Wie jemand lebt, ist eine Sache zwischen ihm und Gott. Wir kennen das Gleichnis mit dem Splitter und dem Balken im Auge. Und wie Vers 12 sagt: Jeder wird Rechenschaft für sein Tun ablegen müssen. Es ist zwar alles erlaubt (1. Korinther 6,12), aber nicht alles dient zum Guten.

Soll das nun heißen, dass alles egal ist, was ein anderer Christ in der Gemeinde tut? Nein. Wenn wir sehen, dass jemand auf Abwegen ist – wirklich auf Abwegen und nicht nur ein anderer Glaubensstil – dann dürfen/ sollen wir in LIEBE (wie in allem, was wir tun sollen) auf ihn zugehen. Dieses Prozedere ist auch in der Bibel beschrieben (Matthäus 18,15-17).

Rücksicht nehmen

Deshalb wollen wir uns nicht länger gegenseitig verurteilen. Keiner soll durch sein Verhalten den anderen in seinem Glauben verunsichern oder ihn gar zu Fall bringen. Ich weiß, und Jesus, der Herr, bestätigt es mir, dass uns keine Speise von Gott trennt, weil sie unrein wäre. Wer aber etwas für unrein hält, für den ist es tatsächlich unrein. Wenn du also durch das, was du isst, einen anderen Christen verwirrst oder ihn sogar dazu verführst, gegen seine Überzeugung zu handeln, dann bist du lieblos. Wegen irgendwelcher Speisen dürft ihr auf keinen Fall den Glauben eines anderen gefährden, für den doch Christus auch gestorben ist.

Römer 14,13-15 (HfA)

Der zweite Aspekt ist Rücksicht nehmen. Das ist eine der Grenzen dieser Freiheit: Wenn das, was ich tue, jemanden in der Gemeinde/ Familie/ bei Freunden vom Glauben abhält oder abbringt, dann muss ich drüber nachdenken. Wir sollen alles, was wir tun, in Liebe tun. Deshalb halte ich mich dann eben zurück, wenn jemand Probleme mit meinem Verhalten hat. Dann werde ich mich ihm zu Liebe in seiner Gegenwart eben zurückstecken. Dann grille ich für den Vegetarier kein Steak. Oder ich trage als Frau knielange Röcke oder Hosen im Gottesdienst (Oh ja: Manche Männer reagieren auf solche Reize!) Ich vergleich das mal mit einem trockenen Alkoholiker: Den lade ich ja auch nicht auf einen Schnaps ein. Eigene Interessen durchzusetzen und dabei den Glauben meinem Nächsten aufs Spiel zu setzen, das ist ein No-Go. Jesus warnt davor in Matthäus 18,6ff.

Es gilt natürlich auch, dass niemand seine „Schwäche“ ausnutzt, um andere zu manipulieren oder zu drängen. Es geht um die wirklichen Probleme, mit denen jemand kämpfen muss.

Gebote und Freiheit

Wie ist das mit den Geboten und der Freiheit. Jetzt kann man zum Thema „Du sollst den Sabbat heiligen.“ ja sagen: Das ist ein Gebot! Das ist es. Es gehört zum Gesetz Gottes. Das Gesetz zeigt uns, worin wir fehlen. Es verurteilt uns und bringt, dadurch, dass wir es niemals erfüllen können, den Tod. Wir sind schuldig. Doch diese Schuld nimmt Jesus auf sich. Er kam nicht, um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen (Matthäus 5,17). Er hat es für uns erfüllt, weil wir immer scheitern werden.

Wie Jesus selbst zum Sabbat steht lesen wir in Matthäus 12,1-7 (Ähren raufen am Sabbat, Stichworte: David & die Schaubrote, Barmherzigkeit, Jesus ist Herr über den Sabbat) und Matthäus 12,8-14 (Heilung am Sabbat, Stichwort: Gutes tun). Zum ersten Bericht steht in Markus 2,27: Und Jesus fügte hinzu: »Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat.

Was bedeutet das “ den Sabbat heiligen“ überhaupt: Was heißt heiligen? Heiligen heißt, etwas Gott zu geben, Ihm zu weihen. Letztendlich sind wir selbst heilig, wenn wir Jesus nachfolgen, weil wir Gott gehören. Dann könnte man auch sagen, jeder Tag unseres Lebens soll heilig sein. Denn jeder Tag gehört Gott. Es geht um unsere Herzenseinstellung gegenüber Gott und unseren Mitmenschen.

Ein anderes Beispiel zum Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“. Paulus schreibt:

»Es ist alles erlaubt«, sagt ihr. Das mag stimmen, aber es ist nicht alles gut. Mir ist alles erlaubt, aber ich will mich nicht von irgendetwas beherrschen lassen. Ihr schreibt: »Das Essen ist für den Bauch, und der Bauch für das Essen. Beides hat Gott zur Vergänglichkeit bestimmt.« Das ist schon richtig. Aber es bedeutet nicht, dass Gott uns den Körper gab, damit wir sexuell unmoralisch leben! Vielmehr wurde auch unser Körper zum Dienst für den Herrn geschaffen. Deshalb ist es Gott nicht gleichgültig, wie wir damit umgehen. […] Wisst ihr denn nicht, dass auch euer Körper zum Leib von Jesus Christus gehört? Wollt ihr wirklich den Leib von Christus mit dem einer Hure vereinigen? Niemals! […] Hütet euch vor jeder verbotenen sexuellen Beziehung! Denn mit keiner anderen Sünde vergeht man sich so sehr am eigenen Körper wie mit sexuellem Fehlverhalten.

1.Korinther 6, 12-20 (HfA)

Es geht speziell um den Umgang mit Prostituierten. Die Korinther hatten hier wohl eine sehr spezielle Auffassung von „Freiheit“, die Paulus kritisierte. Hier erkennen wir deutlich, wo eine Grenze unserer Freiheiten liegt.

Am Ende

Durch Christus seid ihr dazu berufen, frei zu sein, liebe Brüder und Schwestern! Aber benutzt diese Freiheit nicht als Deckmantel, um eurem alten selbstsüchtigen Wesen nachzugeben. Dient vielmehr einander in Liebe.

Galater 5,13 (HfA)

Am Ende ist es entscheidend, dass wir das, was wir tun zur Ehre Gottes tun und dass diesem Tun keine ausdrückliche Anweisung aus der Bibel entgegensteht. Wir haben die Freiheit, nach unserem Gewissen zu handeln, das in Einklang mit Gott steht (zumindest sollte). Wir sollen nicht gegen unser Gewissen handeln. Aus der Freiheit kommt die Verantwortung füreinander, vor allem für Glaubensgeschwister, die „schwächer“ sind oder (noch) nicht so fest im Glauben stehen. Wir sind Kinder Gottes, wir brauchen uns gegenseitig. Wir sollen Gott und unsere Glaubensgeschwister lieben. Eine Freiheit ohne Verantwortung für das eigene Handeln gibt es nicht.

Weitere Bibelstellen

Thema „Gewissen“: 1. Korinther 8,12

Thema „Nicht verurteilen“: 1.Korinther 8, 8-13

Thema „Mißbrauch der Freiheit“: 1.Petrus 2,16

Danke für’s Lesen und Gottes Segen!


Ein Gedanke zu “Freiheiten im Glauben – und ihre Grenzen

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